Neue Medien und Suchtvorbeugung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

Gesellschaftliche Erscheinungen unterliegen einem permanenten Wandel. So gibt es auch rund um Abhängigkeitserkrankungen ständig neue Phänomene und Erkenntnisse. War in der Vergangenheit etwa das vielzitierte Komatrinken verstärkt im Brennpunkt der öffentlichen Diskussion, so wird derzeit das Thema neue Medien und Sucht als Variante stoffungebundener Abhängigkeitserkrankungen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Dabei geht es beispielsweise um die Nutzung von Internet, Smartphones und sog. social networks, welche wiederum via Internet zur Verfügung stehen. Derartige Entwicklungen stellen einen bedeutsamen technologischen Fortschritt dar und bergen neben vielen wertvollen Chancen und Möglichkeiten auch Risiken und Nebenwirkungen. Aufgrund des Entwicklungsstandes von Kindern und Jugendlichen bestehen in diesen Altersgruppen besondere Risiken, aber auch Erwachsene können rasch in einen Strudel an Problemen gezogen werden.

Anhand von Zahlen der Statistik Austria und des österreichischen Instituts für Jugendkulturforschung kann festgestellt werden, dass die gesellschaftliche Durchdringung mit neuen Informations- und Kommunikationstechnologien bereits sehr weit fortgeschritten ist. Mehr als ¾ aller österreichischen Haushalte und 96,9% der 14 bis 19 jährigen besitzen einen Internetzugang. Mehr als 90 % der Jugendlichen sind Mitglieder einer social community, was zu einer Veränderung der Kommunikationskultur geführt hat.
So werden etwa neue soziale Netzwerke wie „facebook“, „studivz“, „myspace“, etc. einerseits zur Kommunikation mit Freunden sowie zur Unterhaltung (etwa mit Computerspielen) und andererseits zur Selbstdarstellung genutzt.
Kommunikation findet folglich nicht mehr eingebettet in herkömmliche Alltagssituationen statt, sondern wird über das Medium Internet vollzogen. Alltagskommunikation von Jugendlichen wird so in die Datenmatrix des Internets eingespeist. Jugendliche, die gerade dabei sind, auf experimentellem Wege ihre Persönlichkeit zu entwickeln, machen somit häufig aufgrund einer naiven Freiwilligkeit persönliche Informationen für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit verschwimmen zunehmend. Problematisch in diesem Zusammenhang erscheint, dass vor allem bei Jugendlichen mögliche Konsequenzen einer inadäquaten Internetnutzung unzureichend bekannt sind (spätere Arbeitsplatzsuche, nicht löschbare Videos mit unvorteilhaftem Inhalt, etc.).
Dazu kommt, dass sich jene Generationen, die mit den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien aufgewachsen sind, Erwachsenen gegenüber sehen, die sich häufig nur eingeschränkte Fertigkeiten bezüglich der neuen Medien aneignen konnten. Das fehlende Wissen der Elterngeneration um die neuen Medien führt dazu, dass Kinder- und Jugendliche nicht im Sinne einer sorgsamen Erziehung in die Medienwelt eingeführt werden können. Somit sind Kinder und Jugendliche mit dem World Wide Web auf sich gestellt, was zu einer Überforderung führen kann. Diese Überforderung kommt maßgeblich durch eine unkontrollierte, exzessive oder unachtsame und allzu freigiebige Nutzung des Internets zum Ausdruck und kann auch in der Entstehung einer Abhängigkeitserkrankung (Internetabhängigkeit, Onlinespielsucht) münden.

Worauf können Erwachsene, Eltern, PädagogInnen, etc. achten? Wie kann ein zielführender gemeinsamer Umgang mit der Thematik stattfinden? Einige Anregungen dazu:

  • Das Internet (Computer, Handy) sollte reale soziale Kontakte wie etwa das Treffen von FreundInnen, nicht ersetzen. Gegen eine sinnvolle Einbeziehung moderner Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten ist jedoch nichts einzuwenden.
  • Stellen Sie Regeln für die Nutzung von Handy, Computer und Internet auf.
  • Fragen Sie ihr Kind doch einmal, welche Anwendungen und Seiten es nutzt und lassen Sie sich diese als interessierte ZuhörerIn erklären.
  • Regen Sie den sorgsamen Umgang mit persönlichen Daten (Fotos, Handynummer, Kontodaten, etc.) an.
  • Fragen Sie doch einmal nach den privacy-Einstellungen bei der Anwendung von facebook und versuchen Sie diese gemeinsam weiter zu erkunden.
  • Bedenken und diskutieren Sie, dass hinter Online-Kontakten oder vermeintlichen Freunden, ganz andere Personen als angegeben stecken können.
  • Surfen Sie selbst mal auf beispielsweise folgenden Seiten um weitere Informationen zur sinnvollen Nutzung von Neuen Medien zu erhalten:
    o www.saferinternet.at
    o www.feelok.at
    o www.handywissen.at
  • Beachten Sie, dass Neue Medien auch viele Möglichkeiten eröffnen und Chancen bieten. Darüber hinaus darf die Anwendung neuer Medien auch Freude und Spaß bereiten!

Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklungen hat die Fachstelle für Suchtprävention NÖ ein neues Projekt zum Thema Sucht und Neue Medien entwickelt. Das Projekt hat sich zum Ziel gesetzt ein Problembewusstsein bezüglich Chancen und negativer Konsequenzen einer inadäquaten Internetnutzung vor allem bei Jugendlichen zu fördern. Darüber hinaus sollen Missverständnisse zwischen den unterschiedlich medien-versierten Generationen ausgeräumt werden. Denn viele Dinge, die für LehrerInnen und Eltern im Bereich Medienkonsum problematisch erscheinen, weisen nicht automatisch auf eine Suchterkrankung bei Jugendlichen hin. Es werden sowohl SchülerInnen als auch Eltern und LehrerInnen mittels methodischer Aufarbeitung an das Thema Internet, Chancen, Risiken und Sucht herangeführt. Es soll ein Nachdenkprozess über das eigene Internetnutzungsverhalten initiiert und hilfreiche Informationen zur sinnvollen Nutzung der neuen Medien angeboten werden.