Menschen mit und ohne Behinderung auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft …

In den letzten Jahren hat sich vieles sehr positiv entwickelt – für Kinder und Ältere, Frauen und Männer, Menschen mit und ohne Behinderung, eigentlich für uns alle.
Unser Land ist sozial hoch entwickelt - trotzdem sind wir noch nicht soweit, dass Menschen mit und ohne Behinderung wirklich gleichberechtigt an allen Lebensbereichen teilhaben können. Der Alltag und manchmal auch unsere Gesetze hinken der Vision einer inklusiven Gemeinschaft leider noch nach.

Vergangenes Schuljahr gab es bundesweit mehr als 31.000 Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf: diese jungen Menschen benötigen wegen einer Beeinträchtigung Unterstützung beim Schulbesuch.
Für diese Kinder sowie für jene Kinder mit Behinderungen, die noch keine Schule besuchen, ist neben der Kinderrechtskonvention auch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (= UN-BRK) maßgebend.
Österreich ist dieser UN-Konvention 2008 beigetreten. Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes und der Länder, somit auch Niederösterreich sind zur Umsetzung der darin festgelegten Menschenrechte verpflichtet.

Zwei Themenbereiche sind mir ein besonderes Anliegen:

  • Abbau von Barrieren und Zugangshindernissen (Art. 9 UN-BRK)
    Kinder und Jugendliche mit Behinderungen haben das Recht an allen ihren Lebensbereichen – Schule, Gesundheitsversorgung, Arbeitswelt, Familie, Freizeitaktivitäten, usw. – gleichberechtigt und diskriminierungsfrei teilzunehmen.
    Gar nicht so selten erschweren und verhindern jedoch Barrieren eine solche selbstverständliche Teilhabe: bauliche Barrieren, zu wenig Unterstützung für gehörlose oder sehbehinderte Menschen – so sind z.B. auch in gut besuchten Kino- und Theatersälen Induktionsanlagen für Menschen mit Hörbehinderung keine Selbstverständlichkeit. Es gibt auch immer noch Internetseiten, die für sehbehinderte Kinder unzugänglich sind. Texte mit komplizierten Satzgefügen und Fachbegriffen sind für Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht verständlich und daher ebenfalls eine Barriere.
    è Barrierefreiheit im Sinne der UN-Konvention ist daher im umfassenden Sinn (nicht nur hinsichtlich baulicher Hürden) zu verstehen und umzusetzen.

Kann jemand mit Gehbeeinträchtigung ein Lokal wegen der Stufen nicht besuchen oder sind Internetseiten für sehbehinderte Menschen nicht zugänglich, kann man beim Sozialministeriumsservice eine Schlichtung beantragen. Bleibt dieser Schlichtungsversuch erfolglos, ist der Weg frei zum Gericht. Stellt das Gericht eine diskriminierende Barriere fest, so gibt es einen Geldbetrag als Schadenersatz. Es gibt jedoch keinen Rechtsanspruch auf Beseitigung der Hürde; diese faktische Hürde bleibt somit bestehen und stellt für den nächsten Menschen mit Behinderung neuerlich eine unüberwindbare Barriere dar.

Barrieren in den Köpfen und Herzen von Menschen sind vielleicht am schwersten zu beseitigen: es ist daher außerordentlich wichtig, Vor-Urteile bewusst zu machen.

  • Recht auf inklusive Bildung (Art. 24 UN-BRK)
    Kinder und Jugendliche mit Behinderungen haben ein Recht auf gleichberechtige, vollständige Teilhabe an Bildung. Dieses Recht auf inklusive Bildung umfasst u.a. den gleichberechtigten Zugang zum Bildungssystem, individuell angepasste Unterstützungsmaßnahmen, entsprechend ausgebildete Lehrkräfte, usw.
    Ziel eines inklusiven Bildungssystems ist es, Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen. Erst gemeinsames Aufwachsen und Lernen in guten und geeigneten Strukturen ermöglicht ein wertschätzendes Miteinander auf „Augenhöhe“ im weiteren Leben.
  • Der NÖ Monitoringausschuss überwacht …
    Auf Grundlage der UN-BRK und dem NÖ Monitoringgesetz arbeitet der NÖ Monitoringausschuss (=NÖ MTA) unabhängig und weisungsfrei. Er überwacht die Einhaltung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen in NÖ: so haben alle NÖ Landesnormen die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen entsprechend zu berücksichtigen.
    In einer öffentlichen Sitzung des NÖ MTA am 6. Dezember 2016 haben sich rund 100 ExpertInnen/SelbstvertreterInnen mit Inklusiver Bildung in NÖ beschäftigt.
    Anfang April beschloss der NÖ Monitoringausschuss eine Empfehlung und richtete diese an die NÖ Landesregierung. Konkret wird die Erstellung eines Inklusions-Fahrplans zur Umsetzung der UN-BRK im Bildungsbereich empfohlen.
    Weitere Infos: www.noe.gv.at/monitoringausschuss

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist im Zusammenhalt mit der UN- Konvention über die Rechte des Kindes zu verstehen:
Beide UN-Konventionen sichern mit ihren verfassungsrechtlichen Normen das Recht auch von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen auf besondere Unterstützung. Ziel ist die vollständige soziale Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, der Abbau aller Arten von Barrieren und die Beseitigung von Diskriminierungen. Dieses Ziel kann vor allem durch ein System der inklusiven Bildung erreicht werden. Unsere Gesellschaft soll so gestaltet werden, dass Menschen egal ob mit oder ohne Behinderung, gleichwertig und selbständig daran teilhaben können.