Kinder haben Rechte – auch auf eine bestmögliche Ausstattung mit Lebenskompetenzen

Um unser Leben möglichst konstruktiv und positiv zu gestalten, brauchen wir gewisse Fähigkeiten, die uns dabei helfen.
Diese sogenannten „Lebenskompetenzen“ spielen auch in der Suchtvorbeugung eine ganz wesentliche Rolle.
Lt. der Definition der WHO (Weltgesundheitsorganisation, 1994) ist lebenskompetent wer .....
sich selbst kennt und empathisch ist (Selbstwahrnehmung)
kommunizieren und Beziehungen führen kann (Kommunikation)
kritisch und kreativ denkt und handelt
durchdachte Entscheidungen trifft und erfolgreich Probleme löst
Gefühle und Stress bewältigen kann (Bewältigungsstrategien).

Was ist nun eigentlich „Sucht“ und wie entsteht sie?
Sucht ist eine Krankheit, die alle Alters- und Sozialschichten betrifft. Suchterkrankungen entstehen, entgegen der landläufigen Meinung, nicht aufgrund von „Willensschwäche“ einzelner Personen, aufgrund falscher Freunde oder schlechten Lebensbedingungen alleine, sondern dann, wenn Risikofaktoren in vielen Bereichen eines Menschen zusammenkommen und auf gering ausgebildete Schutzfaktoren bei diesem Menschen treffen, wobei ein einfacher Zusammenhang zwischen den Auslösern und der Entstehung von Suchtkrankheiten sich nur in den seltensten Fällen finden lässt.
Vielmehr sind bei der Entstehung einer Suchtkrankheit immer verschiedene Faktoren beteiligt, die im Bereich der Persönlichkeit, des sozialen Umfeldes, der Gesellschaft und der Substanz liegen. Diese vier Bereiche spielen bei der Entstehung einer Suchterkrankung immer zusammen. Nie ist einer dieser Bereiche alleine verantwortlich. Das heißt aber auch, dass Suchtvorbeugung in allen diesen Bereichen ansetzen muss, um der Entstehung einer Suchterkrankung möglichst effektiv entgegen zu wirken.

Sucht kann in zwei verschiedenen Formen auftreten: in Verbindung mit Substanzen, die man zu sich nimmt (z.B. Alkohol, Medikamente, Nikotin, illegale Substanzen etc.) oder in Verbindung mit Tätigkeiten, die man ausübt (z.B. Spielsucht, Arbeitssucht, Kaufsucht etc.). Das Ziel von Suchtvorbeugung ist aber nicht, den Konsum von Substanzen oder Tätigkeiten zu verhindern, sondern dem Entstehen einer Suchterkrankung vorzubeugen.

Angelehnt an die WHO lässt sich Sucht als der unstillbare innere Zwang nach einer Substanz oder einem Verhalten beschreiben. Dieser Drang ist unkontrollierbar und die Suchtkranken nehmen dabei in Kauf, sich selbst und ihrer sozialen Umgebung seelischen, körperlichen und sozialen Schaden zuzufügen.
Eine Suchterkrankung entsteht aber nicht von heute auf morgen, sondern sie entwickelt sich in einem - manchmal bis zu mehreren Jahren dauernden - Prozess. Dieser Prozess wirkt sich nicht nur negativ auf die Betroffenen selbst aus, sondern hat auch schwere Auswirkungen auf das soziale Umfeld (Familie, Freunde, Arbeitskollegen/innen usw.).

Wie kann Suchtvorbeugung wirksam gelingen?
Sehr oft wird in der Suchtvorbeugung nach einfachen „Rezepten“ zur Erkennung von Suchtgefährdung gerufen. Diesem Wunsch kann aber leider nicht entsprochen werden, da es zu einer wirksamen Suchtvorbeugung Aktivitäten und Maßnahmen auf vielen Ebenen braucht, die in ihrer Gesamtheit schließlich zu einer gelungenen Suchtprävention beitragen.
Daraus ergibt sich, dass Suchtvorbeugung nicht von einigen wenigen Experten/innen getragen und umgesetzt werden kann, sondern dass es der Mithilfe aller, im Umfeld von Kindern und Jugendlichen Tätigen bedarf, um möglichst früh und umfassend suchtvorbeugend zu wirken.
Wichtig sind in diesem Zusammenhang zwei Ansatzpunkte: einerseits der Ausbau von Lebenskompetenzen auf der Ebene der Persönlichkeit jedes/jeder Einzelnen (Verhaltensprävention), um den Herausforderungen des Lebens möglichst konstruktiv begegnen zu können. Es ist wichtig, eine Vielzahl von Gestaltungs- und Lösungsmöglichkeiten für schwierige Situationen zur Verfügung zu haben, um diesen dann nicht mithilfe von Suchtmitteln entfliehen zu müssen. Andererseits ist auch die Gestaltung des sozialen Umfeldes (Verhältnisprävention), in dem Kinder und Jugendliche leben, lernen und ihre Freizeit verbringen, von großer suchtpräventiver Bedeutung.

Zur Suchtprävention gibt es zwar keine „einfachen Rezepturen“, sie ist aber auch kein „geheimes Wissen“, das nur einigen wenigen Eingeweihten zur Verfügung steht.
Sie setzt dort an, wo die Grundbedürfnisse jedes Menschen liegen, nämlich am Wunsch nach Liebe und Sicherheit, Lob und Anerkennung, Zugeständnis von (altersgerechter) Eigenverantwortung und Selbstbestimmung, sowie beim Gewinn von neuen Erfahrungen durch Leben und dem Austesten von Grenzen, dem Wunsch nach Abenteuer und der Fähigkeit, sich (auch in schwierigen und belastenden Situationen) entspannen zu können.

Wenn es gelingt, unsere Kinder mit diesen Werkzeugen gut ausgestattet ins Leben zu schicken, dann ist aus Sicht der Suchtvorbeugung vieles gewonnen. Und dazu braucht es die Mitarbeit aller, die sich im Umfeld unserer Kinder und Jugendlichen bewegen.

Denn: Suchtvorbeugung geht uns alle an und gemeinsam können wir viel erreichen.

DSA Sadiya Mellish, MAS
Fachstelle für Suchtvorbeugung, Koordination und Beratung
Fachbereich Suchtvorbeugung