"Unsere täglichen Kinderrechte gib uns heute ..."

Der 20. November 2013 ist vorbei. Internationaler Tag der Kinderrechte. „Medial stark besetzt, politisch an der Wahrnehmungsgrenze angekommen, innerfamiliär ein Fiasko.“ So lautet meine persönliche Bilanz des 24. Geburtstags der UN-Kinderrechtskonvention.

Was gehört zu den Menschenrechten mit der Altersbeschränkung 18 Jahre? Am unpopulärsten vielleicht das Recht, gehört zu werden und die angemessene Berücksichtigung der Meinung, seit 2011 auch in der österreichischen Verfassung. Erschütternd, dass in der Bildungsdebatte nur erwachsene ExpertInnen zu Wort kommen und nicht die ureigene Zielgruppe, nämlich die SchülerInnen. Wenn eine Tageszeitung unlängst titelte „Verhältnis zu den Lehrern überdenken“, dann kann ich dem viel abgewinnen, will aber endlich einmal lesen „Verhältnis zu Kindern und Jugendlichen überdenken“.

Das Recht auf Beteiligung kann bereits mit dem morgendliche Auswahlverfahren der Garderobe einer Dreijährigen beginnen: „Das ist kein Rock, Mama, der schwingt nicht! Und Strumpfhose ziehe ich auch keine an!“ „Partizipation“ wird als „fortlaufender Prozess, der einen auf gegenseitigem Respekt basierenden Informationsaustausch und Dialog zwischen Kindern und Erwachsenen einschließt“ beschrieben. Bitte nicht vergessen bei den nächsten Schreiduellen und Streitereien in den Kinderzimmern: es geht um Respekt, Dialog, und das permanent! „Unsere täglichen Kinderrechte gib uns heute ...“

Die Verletzung des Rechts des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit (steht nicht in unserer Verfassung), wurde diesmal medial mit der Meldung untermauert, dass 70.000 chronisch kranke Kinder und Jugendliche in Österreich nicht die benötigte Behandlung bekommen. 70.000! „Kinderrechte sind ein Auftrag für uns alle und müssen auf allen Ebenen gesichert und gestärkt werden“, sagte Jugendminister Reinhold Mitterlehner zum 20. November. Ja, sicher, aber für Gesundheit ist ein anderes Ministerium zuständig, Kinderrechte sind Querschnittsmaterie. Die Zahnspange der ältesten Tochter um knappe 5.000,- Euro können wir uns auch nur dank des finanzstärkeren Opas leisten.

Das Recht auf Schutz vor jeglicher Form von Gewalt (das findet sich dann wieder in unserer Verfassung) mag und mag bei uns nicht ankommen. Bei der Buchpräsentation „Junge Menschen und ihre Rechte“ in der Volksanwaltschaft überrollte mich die Realität in Form einer alten Bekannten, hochgebildet und meine Generation: „Also, Entschuldigung, haust Du Deine Kinder nicht auch ab und zu auf den Popo? Und überhaupt, wie sollen Kinderrechte bei den Schichten ankommen, die es wirklich bräuchten?“

Nein, ich habe meine Kinder noch nie gehaut, mag daran liegen, dass ich mich mit Kinderrechten beschäftige. Trotzdem kam es zum „innerfamilären Fiasko“ am 20. November: „Der Papa sagt, ich arbeite zu viel!“ musste ich meiner 10-Jährigen die dicke Luft zuhause erklären. „Recht hat er!“ ihr knapper, mit ernstem Blick unterlegter Kommentar. Das Symposium zu „Kinderrechte - Wunsch und Wirklichkeit“ habe ich nicht mehr besucht an dem Tag.

Artikel am 29.11.2013 als Gastkommentar in der Wiener Zeitung erschienen