Kinderschutzkonzepte und Kinderschutzrichtlinien - Schutz auf institutioneller Ebene

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf besonderen Schutz, wie etwa in der UN-Kinderrechtekonvention1 festgehalten wurde und in Österreich auch durch das Gewaltverbot in der Erziehung (§137 Abs. 2 ABGB) festgeschrieben ist.

Neben Gewaltprävention und Maßnahmen zum Schutz vor physischer, psychischer, sexueller und struktureller Gewalt in Familien ist in den vergangenen Jahren auch der Schutz vor physischer, psychischer, sexueller und struktureller Gewalt in Institutionen immer mehr in den Fokus gerückt.

Ein maßgeschneidertes, organisationsinternes Kinderschutzkonzept (Kinderschutzrichtlinie, Safeguarding Policy) kann die Implementierung von Kinderschutz in Organisationen unterschiedlicher Sektoren (Bildung, Gesundheit, Freizeit, Sport etc.) anstoßen und dauerhaft Rahmenbedingungen dafür bieten. Dabei geht es nicht nur darum, das Risiko für Gewalt und Missbrauch in der Organisation zu verringern, sondern insbesondere auch darum, eine Kultur der Wertschätzung für Kinder und Jugendliche zu etablieren. Der Schutz von Kindern wird damit zu einem wesentlichen Ziel der Organisation.

Kinderschutzkonzepte sind als „Zusammenspiel aus Analyse, strukturellen Veränderungen, Vereinbarungen und Absprachen sowie Haltung und Kultur einer Organisation“2 zu verstehen und umfassen  „ein System von spezifischen Maßnahmen“3.
 

Kinderschutzkonzepte dienen folgenden Zielen:

  1. Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für Kinderrechte und Kinderschutz
  2. Veränderung der Kultur einer Organisation hin zu einem Ort, an dem die Stimmen von Kindern gehört werden, ihre Meinung wichtig ist, ein wertschätzender Umgang mit ihnen zu einer Selbstverständlichkeit wird
  3. Schutz von Kindern wird ein wesentliches Ziel der Organisation
  4. Verringerung des Risikos von Gewalt und Missbrauch an Kindern in Organisationen
  5. Handlungssicherheit für die Organisation und ihre Mitarbeitenden
     

In Organisationen braucht es:

  • Bewusstseinsbildung,
  • präventive Maßnahmen
  • geregelte Zuständigkeiten und
  • geeignete Prozesse.


Konkrete Inhalte von Kinderschutzkonzepten:

  • Standards für die Rekrutierung von Mitarbeitenden
  • Sensibilisierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeitende
  • Verhaltenskodizes für Mitarbeitende für Sensibilisierung und ein gemeinsames Verständnis zu wertschätzendem Verhalten und ein starkes Bekenntnis zu Kinderschutz von Mitarbeitenden
  • Kommunikationsstandards, etwa Richtlinien für Mediennutzung und Öffentlichkeitsarbeit
  • Implementierung eines Beschwerdemanagements für Klient*innen:
  • Krisenmanagement und festgelegte Fallprozedere für den Umgang mit Verdachtsfällen
  • Nominierung von Kinderschutzbeauftragten als Ansprechpersonen und für die Implementierung von Kinderschutzmaßnahmen


Was brauchen Organisationen für die Implementierung von Kinderschutzkonzepten?

Für die Implementierung von Kinderschutzkonzepten ist zuallererst das Bekenntnis der Organisationsleitung zu Kinderschutz erforderlich. Es muss ein Anliegen sein, ein Schutzkonzept zu entwickeln, dass tatsächlich mit Leben gefüllt werden kann. Das Bekenntnis der Leitungsebene zeigt sich u.a. darin, ausreichend Ressourcen für die Arbeit an einem Schutzkonzept zur Verfügung zu stellen.

Ausgangspunkt der Erarbeitung ist die Durchführung einer Risikoanalyse für Gewalt in der eigenen Organisation und ein Mapping bereits vorhandener Strukturen zu Kinderschutz in der Organisation, sowie die Identifikation möglicher Ansprechpartner*innen und Expert*innen außerhalb der Organisation, die Unterstützung bieten können.

Appell:
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist ein gesamtgesellschaftliches Ziel. Die Entwicklung und Implementierung von Kinderschutzkonzepten erfordern von Organisationen neben dem normalen Arbeitspensum zumindest zeitweise zusätzliche personelle und zeitliche Ressourcen. Wir erachten Unterstützung für Organisationen durch Beratung und finanzielle Leistungen daher als unerlässlich. Daher ist es auch in der Verantwortung von Politik und Verwaltung, Ressourcen für Organisationen zur Verfügung stellen, um die Erarbeitung von Schutzkonzepten und Leitlinien zu ermöglichen.
 

Weiterführende Informationen und Links:

Quellen Monitoring Kinderschutzkonzepte:

  • Pooch, Marie-Theres/Kappler, Selina/Kindler, Heinz/Tremel, Inken (Hrsg.) (2018): Schutzkonzepte im Gesundheitsbereich. Qualitative und quantitative Ergebnisse des Monitorings zum Stand der Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Deutschland (2015-2018). Berlin: UBSKM.
  • DJI (Hrsg.) (2017): Monitoring zum Stand der Prävention sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Deutschland.Synopse zu Teilbericht 3 - Datenreport. Berlin

 


1 United Nations General Assembly (1989): Convention on the Rights of the Child.
2Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) (2020): Schutzkonzepte. Was sind Schutzkonzepte? https://beauftragter-missbrauch.de/praevention/schutzkonzepte [zugegriffen am 19.05.2020].
3 Fegert, J., Kölch, M., König, E., Harsch, D., Witte, S., Hoffmann, U. (Hrsg.) (2018): Schutz vor sexueller Gewalt und Übergriffen in Institutionen. Für die Leitungspraxis in Gesundheitswesen, Jugendhilfe und Schule. Wiesbaden: Springer, S.4.