Gedanken der Tiroler Kinder & Jugend Anwältin zu den Kinderrechten

Immer wieder hören wir von den politisch Verantwortlichen, dass Österreich familienfreundlicher werden soll. Tatsächlich geschieht auch viel, um es Eltern zu ermöglichen, Familie und Beruf vereinbaren zu können. Kinderbetreuungsangebote werden ausgebaut, die Nachmittagsbetreuung in den Schulen kommt ebenfalls diesem Wunsch entgegen. Was mir in diesem Zusammenhang immer fehlt, ist der Blick auf die Bedürfnisse der Kinder und die Einstellung der Gesellschaft ihnen gegenüber. Heißt flächendeckend ausgebaute Kinderbetreuung – von der wir übrigens noch weit entfernt sind - gleichzeitig, dass wir kinderfreundlicher werden?

Tatsache ist, dass Kinder und Jugendliche immer weniger Raum zur Verfügung haben, den sie tatsächlich frei von Zwängen für Spiel und Kommunikation nutzen können. Vielmehr werden sie in dafür vorgesehene, abgegrenzte Einrichtungen „verlagert“ (in denen großteils zweifellos gute Arbeit geleistet wird und die jungen Menschen gut betreut werden). Allerdings sind Kinder im Alltag kaum mehr sichtbar. Die Gesellschaft hat sich ihrer quasi entledigt. Da wundert es auch nicht, dass die Forderung nach Gesetzen erhoben wird, die Kinderlärm als zulässig und nicht als schädliche Immission kategorisieren sollen. Einige Bundesländer haben inzwischen derartige Bestimmungen in ihren Baugesetzen vorgesehen, um zumindest die Errichtung von Spielplätzen und Kindergärten nicht durch Einsprüche zu gefährden. Tirol ortet diesbezüglich übrigens keinen Handlungsbedarf – ebensowenig wie in der Erstellung eines Spielplatz(Freiraum)konzeptes der Gemeinden, einer entsprechenden Anpassung der Tiroler Bauordnung oder der Erlassung einer Spielplatzverordnung…alles nachzulesen in den Tätigkeitsberichten der vergangenen Jahre.

Natürlich kann Kinderfreundlichkeit nicht per Gesetz verordnet werden. Es braucht auch eine tolerante Gesellschaft, die nicht nur den eigenen Vorteil im Auge hat. Es braucht Menschen, denen Kinder und Jugendliche nicht nur dann am Herzen liegen, wenn sie etwas Großartiges leisten, fleißig, brav oder eben niedlich sind. Kindern und Jugendlichen werden heutzutage mehr Selbständigkeit und mehr Entscheidungsmöglichkeiten zugestanden als noch vor einigen Jahrzehnten. Geben wir ihnen doch die Gelegenheit, das auch auszuleben und kommen wir ihnen auf halbem Weg entgegen, indem wir ihre Meinung respektieren und das  Kindeswohl tatsächlich als oberste Priorität in den Entscheidungen, die Kinder und Jugendliche betreffen, berücksichtigen.

Und um alle Einwände gleich von vornherein zu entkräften: Nein, es geht nicht um grenzenlose Freiheiten, um eine grenzenlose Erziehung – es geht um ein respektvolles Miteinander aller Generationen. Kinder wissen sehr wohl, dass es Pflichten gibt, die sie zu erfüllen haben, dass Eltern bestimmte Regeln einfordern müssen – ausschlaggebend ist die Art und Weise, wie man diese Regeln und Pflichten einfordert.

Auch würde ich mir wünschen, dass jenen Menschen, die sich täglich um das Wohl unserer Kinder und Jugendlichen kümmern, die entsprechende Achtung und Wertschätzung entgegengebracht wird, dass Arbeit mit Kindern nicht belächelt wird, dass die Wichtigkeit dieser Arbeit in der Gesellschaft entsprechend der damit verbundenen großen Verantwortung und volkswirtschaftlichen Relevanz endlich erkannt wird und dass diese wertvolle und unverzichtbare Arbeit entsprechend bezahlt wird.