Ein Tag im Kinderschutzzentrum - aus dem Arbeitsalltag einer Sozialarbeiterin

Das Kinderschutzzentrum Mostviertel-Amstetten ist eine Schwerpunktberatungsstelle gegen Gewalt und sexuellem Missbrauch. Wir bieten Beratung, psychosoziale Prozessbegleitung (im Falle einer Anzeige), psychologische Behandlung und Psychotherapie für Kinder, Jugendliche (bis 18 Jahre) und deren Bezugspersonen an.
Wir haben bestimmte Telefonzeiten Mo, Mi, Do, Fr von 9.00-12.00, Di 14.00-17.00, an denen wir erreichbar sind. Die Beratungs- und Therapiezeiten sind nach Vereinbarung.

Begleitet mich durch einen Mittwoch: Ich komme um 8.00 in die Beratungsstelle, um meine Mails abzurufen, die Post durchzulesen und den Anrufbeantworter abzuhören. Heute hab ich Telefondienst von 9.00-12.00.
Auf dem Anrufbeantworter sind 3 Anrufe, ein Anruf ist dringend. Ich rufe zurück, eine Mutter ist besorgt um ihren 15jährigen Sohn, sie und ihr Sohn waren schon öfters da, sie will ihren Termin vorverlegen. Ich bespreche dies mit ihr und finde heraus, was so dringendes passiert ist, sie bekommt einen Termin am nächsten Tag.
Ein Anruf ist von einer Sozialarbeiterin des Jugendamtes - sie sagt den vereinbarten Termin für nächste Woche ab, da hätten wir eine Helferkonferenz mit Eltern, die eigentlich nicht so recht ins Kinderschutzzentrum (Kisz) kommen wollen, die Sozialarbeiterin will aber, dass wir das Mädchen in psychologische Behandlung nehmen. Zurückgerufen, sagt die Sozialarbeiterin, dass die Familie nicht ins Kisz kommen will (wir sind ja ein freiwilliges Angebot!) aber von der JWF weiterbetreut wird, sie wird sich bei Bedarf nochmals melden.
Der 3te Anruf ist organisatorischen Inhaltes - ich erledige dies. Die Mails beinhalten eine Menge neuer Arbeit - ein Vater will eine Stellungnahme von uns für das Bezirksgericht. Eine Frau macht eine E-Mailanfrage bzgl. ihrer schwierigen Situation. Ich beantworte die wichtigsten Mails.
Das Telefon läutet, am anderen Ende ist eine besorgte Mutter, deren Tochter sexuelle Übergriffe erlebt hat. Ich finde heraus, welche Symptome die Tochter hat, was schon an Interventionen zum Schutz der Tochter gemacht wurde und was gebraucht wird. Die beiden könnten einen Termin am Freitag haben, die Mutter möchte erst nächste Woche einen Termin.
Schwupps - es ist 10.52 Uhr - wo ist die Zeit geblieben - ich geh erst mal in die Küche und mach mir einen heißen Tee - atme tief durch und überlege, was als nächstes drankommt.
Ich beschließe, die Nachmittagstermine vorzubereiten:
Eine psychosoziale Prozessbegleitung - ich betreue die Mutter eines 6jährigen Buben, der von sexueller Gewalt durch den Opa berichtet hat. Die Mutter hat dies zur Anzeige gebracht. Es geht der Mutter sehr schlecht als sie von den Inhalten der Gewalttaten erfuhr. Die Dimension ist wirklich erschütternd - die Mutter braucht Stabilisierung - ich bereite mich dazu vor.
Das Telefon läutet, eine Kripobeamtin ist dran, wir vereinbaren Ort und Zeitpunkt einer Vernehmung, wo ich als Vertrauensperson für einen Jugendlichen dabei bin. Ich informiere die Mutter und höre Tränen am anderen Ende der Leitung…

Während der Mittagspause gibt es kein inhaltliches Abschalten, mit meiner Kollegin plaudere ich noch über den dichten Vormittag und wie es mir dabei geht. Wir stellen fest, dass wir zurzeit (ich frag mich wann nicht?) wieder mal einige schlimme Fälle sexueller Gewalt zu bearbeiten haben. An manchen Tagen habe ich sie, so wie heute, komprimiert, ich hätte sie lieber verteilt, aber das gelingt mir nicht zu steuern.
Der Nachmittag ist gefüllt mit Beratungsterminen, ich hab heut „Muttertag“, das heißt, es kommen Mütter im Stundentakt zu mir. Eine Mutter vernachlässigt ihre Kinder, da nehm ich mir Ressourcen- und Motivationssuche vor. Eine andere Mutter braucht Unterstützung bei der Erziehung ihrer pubertierenden Töchter, das ist die „angenehmste“ Aufgabenstellung, denn diese Mutter hat schon viel über Grenzsetzung, Klarheit und Beziehungsangebot gelernt und ich kann sie mit Anerkennung und Lob aufbauen.

Als ich mich um 17.20 von meiner Kollegin verabschiede und die frische Luft draußen einatme, bin ich dankbar, dass ich loslassen und über freie Zeit verfügen kann…

Kinderschutzzentrum Mostviertel-Amstetten
Rathausstraße 23
A-3300 Amstetten

Tel.: 07472/65437
E-Mail: kinderschutz-am(at)kidsnest.at
Online: www.kidsnest.at